„Man kann von einer Traditionswende für die Bundeswehr sprechen“

Philipp Fritz analysiert in seinem Vortrag den neuen Traditionserlass der Bundeswehr. Copyright © FAUST

„Es ist der politische Wille, die Eigentradition der Bundeswehr zu stärken“, stellte Philipp Fritz mit Blick auf den neuen Traditionserlass fest. Der Ethnologe und Vorsitzende der Fachgruppe für außen- und sicherheitspolitische Themen (FAUST) nahm sich bei seinem Vortrag an der Goethe-Universität Frankfurt nicht nur dem Traditionserlass an, sondern erklärte auch, was für deutschen Soldatinnen und Soldaten tatsächlich traditions- und sinnstiftend ist.


Die Diskussion darüber, was zukünftig für die Bundeswehr als Traditionsgrundlage dienen kann, führte im vergangenen Jahr zu einer überaus kontrovers geführten Debatte in und außerhalb der Bundeswehr. Dabei spielte laut Fritz die „Einsatzkultur, die ihren Ursprung in den Auslandseinsätzen der Bundeswehr hat“, eine ganz besondere Rolle. Die Einsatzerfahrungen würden durch die Soldatinnen und Soldaten an die Heimatstandorte in Deutschland zurückgetragen und dort großen Einfluss auf die Binnenkultur der deutschen Streitkräfte nehmen.

 

In der Stärkung der eigenen Militärgeschichte nach 1955 sieht Fritz eine "Traditionswende", bezweifelt aber gleichzeitig, dass alleinig der Erfahrungsschatz der Bundeswehr den Soldatinnen und Soldaten als Traditionsgrundlage genügen wird. „In Fragen der Tradition wird es sicherlich auch für den Organisationsbereich Kommando Cyber- und Informationsraum spannend“, lautet die Prognose von Fritz. Er gibt aber auch zu bedenken: „Gerade genuin militärisch konnotierte Erfahrungswerte sind für die Mehrzahl der Militärangehörigen von besonderer Bedeutung und bieten wirkmächtige Erzählungen ‒ insbesondere für die kämpfende Truppe.“ Fritz meint hier insbesondere die Einsatz- und Gefechtserfahrungen aus den Auslandseinsätzen.


Die Vergangenheit habe gezeigt, dass in Ermangelung eines Traditionsangebotes, welches sich auch auf umfängliche Kampfhandlungen beziehen kann, Teile der Truppe unter einem apolitischen, funktionalen Aspekt problematische Bezüge zur Wehrmacht hergestellt hätten, so der Vorsitzende von FAUST. In diesem Zusammenhang verweist der Referent auch wieder auf den neuen Traditionserlass: „In Einzelfällen können auch Angehörige anderer ehemaliger deutscher Armeen als Vorbilder dienen“. Dabei sehe der Erlass allerdings eine genaue Abwägung zwischen persönlicher Schuld und besonderen Verdiensten vor.


Zwar hat das Verteidigungsministerium bereits ein umfangreiches Begleitprogramm und diverse Handreichungen zur Traditionspflege in der Bundeswehr angekündigt, aber wie und ob der neue Erlass letztendlich im dienstlichen Alltag sichtbar wird, liegt laut Fritz nun in erster Linie bei den Soldatinnen und Soldaten, den zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie den Reservisten der Bundeswehr selbst.

 

Weiterführende Info zum Thema "Traditionserlass": Das neue ADLAS-Aktuell zum Traditionserlass können Sie hier kostenfrei als .pdf-Datei herunterladen.